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Urteil: Radfahrende sind keine „qualifizierten Fußgänger“, denen „nach Belieben angesonnen werden könnte, abzusteigen.“

Dieser Satz aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg ist herrlich: Radfahrende sind keine „qualifizierten Fußgänger“, denen „nach Belieben angesonnen werden könnte oder müsste, vom Fahrrad abzusteigen und fortan als Fußgänger am Verkehr teilzunehmen.“
Und der Satz ist umso wichtiger, weil zuvor das Amtsgericht Hamburg-Blankenese eine gegenteilige Ansicht vertreten hatte, die das Oberlandesgericht nun korrigiert hat.

Hintergrund der Entscheidung: Eine Radfahrerin war an einer Ampel, die auch nach langer Zeit nicht auf Grün umschaltete, von einem Defekt ausgegangen und deswegen bei Rot gefahren. Das Amtsgericht hatte ihr unter anderem vorgeworfen, sie habe als Radfahrerin die Kreuzung nicht bei Rot überqueren dürfen, denn anders als einem Kraftfahrer sei es ihr möglich gewesen, vom Fahrrad abzusteigen und die nur wenige Meter entfernte Fußgängerampel zu betätigen und zu benutzen.

Dies hielt der rechtlichen Nachprüfung durch das Oberlandesgericht nicht stand. Das Amtsgericht habe verkannt, dass die Betroffene nicht als Fußgängerin, sondern als Radfahrerin am Verkehr teilgenommen habe. Da eine Radverkehrsführung nicht vorhanden gewesen sei, sei für die Betroffene allein das Lichtzeichen der Anlage für den Fahrverkehr maßgeblich gewesen. Radfahrende seien auch nicht etwa als „qualifizierte Fußgänger“ anzusehen, denen unabhängig von etwaigen straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen nach Belieben angesonnen werden könne oder müsse, vom Fahrrad abzusteigen und fortan als Fußgänger am Verkehr teilzunehmen.

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen hat das Oberlandesgericht Hamburg daher das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Hier gibt es den Beschluss des Oberlandesgerichts Hamburg im Volltext.